Ein erfolgreicher Vorkauf wäre ein Signal über den Kiez hinaus: Berlin schützt seine Mieter*innen, auch dort, wo es schwierig ist.

Ich und das Haus

Ich bin Mieterin seit 2003. Schon bei der ersten Besichtigung habe ich mich in diesen wunderschönen Altbau verliebt, ein Ort mit sichtbarer Geschichte, der nicht überrenoviert ist, sondern noch Charakter atmet. Über die Jahre habe ich viel in meiner Wohnung gemacht: Böden abgezogen, Wände verspachtelt, alte Zwischendecken entfernt, Küchenwände gefliest und nahezu alle Reparaturen selbst erledigt. Ich habe mit viel Herzblut einen schönen und bewohnbaren Zustand geschaffen.

Das Haus ist mehr als nur ein Ort zum Schlafen: Wir als Mieter*innen sind eine lebendige Hausgemeinschaft. Man kennt sich, grüßt sich im Flur, hilft sich gegenseitig. In einem anonymen Stadtteil wie diesem ist das ein kleiner sozialer Schatz. Wir sind keine austauschbaren Mietparteien, sondern eine gewachsene Gemeinschaft, die zusammenhält und genau das macht uns erhaltenswert.

Das Haus und ich

Der bisherige Eigentümer hat uns viele Jahre vernachlässigt. Kleine und große Mängel blieben oft ohne Reaktion, so dass wir Bewohner sie selbst auf eigene Kosten beseitigen mussten. Immer wieder gab es größere Missstände: Rattenbefall, nicht abgeholte Mülltonnen, herabfallende Fassadenteile, vermüllte Hinterhöfe, Obdachlose, die im Haus Unterschlupf suchten, weil niemand sich kümmerte. Die Verwaltung rechtfertigte ihre Untätigkeit oft mit dem Hinweis, dass bald eine Sanierung anstehe, doch geschehen ist nichts und das Gebäude verwahrloste zusehends.

Mein persönliches Schlüsselerlebnis war ein massiver Wasserschaden im letzten Jahr 2024. Obwohl der Hausverwaltung das Problem lange bekannt war, wurde nicht gehandelt, bis es zu spät war: Die Zwischendecke meines Badezimmers stürzte ein. Zum Glück wurde niemand verletzt, aber meine Wohnung ist nun durch Schimmel und Durchfeuchtung unbewohnbar. Erst mit Hilfe des Bezirksamts und anwaltlicher Hilfe kam überhaupt eine Reaktion seitens der Hausverwaltung. Das ist jetzt bereits mehrere Monate her und noch immer wurden keine Maßnahmen zur Beseitigung des Schadens ergriffen, so dass die Wohnung weiter unbewohnbar ist.



Wir und die Stadt

Unser Haus steht exemplarisch für das, was Berlin als soziale Stadt ausmacht: Menschen, die zusammenhalten, füreinander da sind und bezahlbaren Wohnraum gemeinschaftlich nutzen, nicht als Kapitalanlage, sondern als Lebensraum. Es ist ein lebendiger, gemischter Ort, wo Familien, WGs, junge und ältere Menschen seit Jahren zusammenleben und eine gewachsene Nachbarschaft bilden.

In einem Kiez, der zunehmend von Luxussanierungen geprägt ist, ist unser Haus eine der letzten Inseln, auf der Vielfalt und alte Mietverträge noch existieren. Ein Kauf durch die Stadt würde diese soziale Mischung sichern, Verdrängung verhindern und ein starkes Zeichen setzen, dass Berlin nicht nur für Profit, sondern auch für Gemeinschaft und Menschlichkeit steht.

Das Haus ist nicht nur funktionaler Wohnraum, sondern ein Stück Berliner Stadtgeschichte mit Charme, bekannt im Viertel und eng verwoben mit dem Quartiersleben. Dass bisherige Eigentümer sich oft nicht gekümmert haben, zeigt, wie wichtig es ist, dass hier endlich jemand handelt, der das Wohl der Menschen in den Vordergrund stellt.

Ein erfolgreicher Vorkauf wäre ein Signal über den Kiez hinaus: Berlin schützt seine Mieter*innen,  auch dort, wo es schwierig ist. Es wäre ein Gewinn für den Bezirk, die Stadt und für alle, die an ein soziales, lebenswertes Berlin glauben.

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In der Mitte der 4. Etage.