Wir sind mit unserer Wohnung verwachsen.

Die WG aus der Kopernikusstrasse 6 , das sind Luca, Frank, Kristin und Dennis.

Wir leben hier seit den Nullerjahren, ein Vierteljahrhundert. Unser Sohn Luca ist hier geboren, zur Schule gegangen, hat Freundschaften geschlossen, die bis heute anhalten. Mittlerweile arbeitet Luca auch hier in Kieznähe. Gerade in den letzten Jahren sind auch bei uns in der Nachbarschaft Bekanntschaften, Freundschaften entstanden. Man hilft sich gegenseitig, achtet aufeinander so gut es geht. Uns ist die Wohnung, unser Haus, mit den lieben Nachbarn, die hier auch schon ewig wohnen, ans Herz gewachsen. Unsere Wohnung, in der man sich trifft , um zu kochen, zu feiern,oder einfach nur, um beisammen zu sein, ist für jeden offen, solange man sich benimmt. Die große Wohnküche mit dem schönen Kachelofen ist unser Dreh- und Angelpunkt, im Winter der wärmste Platz in der Wohnung.

Die vielen Menschen, die in unserer Küche zu Gast waren und bis heute sind. So einigen von ihnen konnten wir auch übergangsweise einen Schlafplatz zu Verfügung stellen auf unserer Couch. Mit ein wenig handwerklichem Geschick haben wir unsere Wohnung über die Jahre hinweg, ganz gut in Schuss halten können. Das wir nicht gleichzeitig Waschmaschine und Wasserkocher in Betrieb nehmen können, haben wir gelernt, für den Notfall aber immer Ersatz zu Händen , wenn mal wieder eine Sicherung aus dem Kasten knallt. Der Balkon wurde uns von außen zu genagelt, wegen Einsturzgefahr, aber auch damit können wir gut leben. Wir sind mit unserer Wohnung verwachsen. Wir lieben sie, sie liebt uns. Der Lärm, der Straße pulsiert mit uns, allerdings wären schalldichte Fenster auch nicht schlecht. Mängel wurden in der Vergangenheit seitens der Hausverwaltung behoben. Wahrscheinlich ist es Glück für uns das noch nichts Schlimmeres passiert ist, wenn wir von den Problemen unserer Nachbarn hören. Aufgrund des eingestürzten Badezimmers im Nachbarhaus, duschen die Mieter seit einigen Wochen bei uns und nutzen unsere Waschmaschine. Und wir stehen damit wirklich gern zur Verfügung. Und das ist es, wofür wir als Hausgemeinschaft stehen. Wir sind füreinander da , wenn sprichwörtlich alles zusammenkracht. Dann werden Schlüssel ausgetauscht und gut ist. Stellen uns heimlich Blumen vor die Haustür als liebe Geste. Tauschen Haarschnitt gegen Massage oder ein gutes Essen.

Unser Haus, das von außen so aussieht, als würde es jeden Moment zusammenfallen, steht. Weil wir es halten. Und weil wir bleiben. Weil wir trotz Einschränkungen nicht kapitulieren und freiwillig ausziehen. Etwas das augenscheinlich von Eigentümern und Hausverwaltung provoziert wird. Denn seit Jahren werden nach einem Auszug, Wohnungen nicht neu vermietet. Wir haben einen enormen Leerstand und dieses macht den Zustand des Hauses auch nicht besser, Zerfall und Schimmelbildung liegen auf der Hand.

Unser Haus in der Kopernikusstrasse in Friedrichshain. Möchtest Du noch ein wenig schnacken, geh vor die Tür. Irgend jemand ist immer da, auf der Straße oder beim Späti bei Tekin. Mittlerweile kennen wir unsere unmittelbare Nachbarschaft. Und auch hier hilft man sich gegenseitig. Ob es die Blumen sind, die gegossen werden müssen, die Katzen versorgt, Botengänge zu Ämtern oder mit gesammelten Pfandflaschen geholfen wird. Unsere Straße ist ein wichtiger Anlaufpunkt, auch für Menschen , denen es nicht so gut geht. Wir fühlen uns hier sehr wohl und aufgehoben. Das ist unser Platz und Wirken, ein harmonisches Miteinander in einer Millionenstadt. Wir wehren uns gegen Verdrängung.

Darum unser Appell an Sie ! Helfen Sie uns unser Haus, unseren Lebensmittelpunkt und damit unser Wohnumfeld lebendig zu erhalten. Setzen Sie sich dafür ein, dass bezahlbares Wohnen nicht zum leeren Versprechen wird ! In einer Stadt, in der Wohnraum knapp und teuer geworden ist. In einer Stadt, in der es nur noch wenige solcher Oasen gibt. Das Quartier ist als soziales Erhaltungsgebiet ausgewiesen, dieser Schutz muss auch praktisch greifen.

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Spätibesitzer, Nachbar, Zuhörer, Freund.

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Eine Gemeinschaft, in der man aufeinander achtet und sich gegenseitig unterstützt.